Im Hause Longbourn by Jo Baker & Jo

Im Hause Longbourn by Jo Baker & Jo

Autor:Jo Baker & Jo [Baker, Jo]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
Herausgeber: Knaus Verlag
veröffentlicht: 2014-08-08T08:28:40+00:00


12

Sie war zu diesem Zeitpunkt erst fünfzehn,

das mag sie entschuldigen …

Es gibt eine Art von Wissen, das keine Worte braucht. Ein intuitives Verstehen, das sich aus Nähe, manchmal enger Vertrautheit, aber auch aus den endlosen, immer gleichen Abfolgen von Arbeit und Entspannung entwickeln kann. Ein Körper kann alles über einen anderen wissen, Bedürfnisse und Reaktionen erahnen, ohne dies je in bewusste Gedanken fassen zu müssen. In Sarah war dieses Wissen nicht langsam und allmählich herangereift, sondern es hatte sie wie ein Blitz getroffen und sie erlöst: Ihr Körper befand sich plötzlich in Einklang mit dem von James – es hatte die überwältigende Kraft einer Offenbarung.

Worte hatten über Nacht an Bedeutung und Gewicht verloren, waren zu einfachen kleinen Münzen geworden, die sich gegen bunte Bänder, Knöpfe, einen Apfel oder ein Ei eintauschen ließen.

Wenn sie sich in den folgenden Wochen und Monaten vorsichtig aus dem Bett schob und Polly, die sich gleich einem Seestern auf dem frei gewordenen Platz breitmachte, schlafend zurückließ, um barfuß und frierend über den Hof in seine Kammer zu schleichen; wenn sie ihm im Garten begegnete und mit einem Kuss überraschte; wenn sie ihn nur in der Ferne erblickte, wie er mit Bruchholz, das er zu Anzündholz zerkleinern wollte, übers Feld gelaufen kam, zeigte sich dieses wortlose Wissen und war mit einem Mal völlig ausreichend. Ohne es in einen Gedanken kleiden zu müssen, hatte Sarah plötzlich begriffen, was es bedeutete, zu leben. Und sie wusste auch, warum sie genau hier, an diesem abgelegenen Ort, weiterleben wollte.

Der Übergang des neuen Jahres in den Frühling, die länger werdenden Tage, die grünen Spitzen der ersten Schneeglöckchen, dann das Wippen ihrer weißen Köpfe im Februarwind und schließlich die Lämmer, die über die Wiesen staksten – das alles war Teil ihres Wissens, sie war eins geworden mit dem Wandel in der Welt, für den der Frühling stand. Bislang war ihr Körper ein reines Werkzeug gewesen, mit dem sie sich durch den Tag schleppte; jetzt spürte sie sich anders in ihm. Er war ihr eine Quelle von Freude und Lust geworden.

Sie stellte keine Fragen wegen der Narben, denn sie waren Teil der stillschweigenden Übereinstimmung zwischen James und ihr, Teil ihres instinktiven Begreifens, und bedurften keiner Worte. Der Soldat, der im Regen zu blutiger Unterwerfung gepeitscht worden war, und der verletzte Mann in ihren Armen: Einer erklärte und rechtfertigte den anderen. Und es gab noch etwas, über das sie nie sprachen, doch sie wusste, dass er darauf achtete, ihr nicht die Last einer Schwangerschaft aufzubürden. Sie war ihm dankbar dafür – und genoss die Wonnen, die er ihr trotzdem schenkte.

Doch eines Tages würde sich zeigen, dass diese stillschweigende Übereinkunft bei Weitem nicht ausreichend war, eines Tages würden die Umstände die unüberwindbare Kluft zwischen diesen beiden Menschen aufreißen.

Sarah, die ihr Wissen erst kürzlich erworben hatte, ahnte noch nichts dergleichen. Die neue Erkenntnis lullte sie in traumverlorene, wohlige Zufriedenheit, und sie dachte nicht über ihre Fingerkuppen und die Zungenspitze hinaus.

James jedoch wusste es besser. Er hielt sie in den Armen, sein Kopf ruhte auf ihrer Brust, und



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